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Wettbewerb "Projekt Traumsonde" (unter 16 Jahre)
Bergbau im Kuipergürtel

Yunis Foß

Auf der Erde ist das Vorkommen einiger Metalle und einiger weiterer Elemente und Mineralien begrenzt. Deshalb soll diese fiktive Mission Rohstoffe wie Gold, Seltene Erden und andere, für die Industrie wichtige Stoffe, auf Asteroiden im Kuipergürtel abbauen.

Ziele sollen nicht die großen Objekte im Kuipergürtel (Planetesimale, etc.) sein, sondern die kleineren Objekte mit 1 bis 5 km Durchmesser, da diese, sofern sie dicht genug sind, den (industriellen) Bedarf an Elementen wie Palladium, Osmium und andere Platinmetalle, sowie Eisen, Cobalt und Nickel für einige Jahre decken. Auch kommen in Asteroiden Nichtmetalle wie Stickstoff, welches aufgrund des großen Vorkommens in der Erdatmosphäre nicht relevant für die Mission ist, Phosphor und Schwefel vor. In einigen Meteoriten wurde eine Konzentration von Platinmetallen von bis zu 100 ppm gemessen, wobei irdische Erze gerade einmal eine Konzentration von 10 ppm zeigen.

Dieses Projekt kann dem "Asteroid-Mining" zugeordnet werden. Es gibt bereits Ideen, um relativ erdnahe Asteroiden für den Abbau nutzbar zu machen. Allerdings zeigt sich bei diesen Vorhaben das Problem, dass die Mission zwar leichter zu koordinieren wäre, aber man aufgrund der fehlenden Menge an Asteroiden in Erdnähe nicht mehr als einen Asteroiden mit einer Sonde anfliegen kann. Diese Mission würde deshalb am Kuipergürtel ansetzen, da dort mehr potenzielle Ziele vorhanden sind, auf denen man diese Elemente abbauen könnte.

Die Mission soll mehrere Jahrzehnte dauern, die Reise zum Kuipergürtel soll - wie bei Missionen mit ähnlich weit entfernten Zielen - in etwa 10 bis 15 Jahre dauern, der Aufenthalt im Kuipergürtel soll ca. 5 bis 10 Jahre in Anspruch nehmen und die Rückreise - wie auch die Hinreise - 10 bis 15 Jahre. Da dieses Prinzip ggf. wiederholt werden soll, ist das Ende der Mission nicht festgelegt. Die größten Gefahren bei der Mission sind Zusammenstöße mit Asteroiden und Mikrometeoriten, die die Ausrüstung beschädigen oder sogar zerstören könnten.

Aufbau der Sonde

Die Sonde besteht aus einem großen Mutterschiff und einem Landemodul. Das Mutterschiff besitzt - neben den Sonnenkollektoren und einer als Ausfallsicherung installierten Radionuklidbatterie - das Haupt-Ionentriebwerk inklusive der Tanks für den Treibstoff, den Platz für das Landemodul sowie Stauraum für die vom Landemodul gesammelten Erze. Dieser Stauraum ist verbunden mit dem des Landemoduls, um die Erze zu transportieren. Außerdem ist eine große Sende- und Empfangsantenne installiert, um die lückenlose Kommunikation zur Erde auch auf diese große Distanz zu gewährleisten. Zur Energieversorgung sind Solarzellen installiert, die das unten beschriebene Laserlicht einfangen.

Das Landemodul besitzt einen diamantbesetzten Bohrer, Stauraum und eine kleine Sendeantenne. Beide Module besitzen einen Schutz vor der Kälte des Weltraums, der gleichzeitig ein Schutz vor Mikrometeoriten ist. Damit das Modul bei der Landung durch die geringe Anziehungskraft des Objektes nicht wieder abprallt, befinden sich Harpunen am Landemodul, die sich ähnlich wie bei "Philae" (Landemodul der "Rosetta"-Mission) in die Oberfläche bohren. Diese verhindern auch eine mögliche Drehung, die durch Drehkräfte beim Bohren entstehen kann. Zusätzlich werden Kameras zur Überwachung der Mission installiert.

Die Swarm-Bots, die vor Beginn der eigentlichen Mission zum Kuipergürtel geschickt werden, bestehen aus einer Sendeantenne, einem kleinen Bordcomputer, einem Bohrer und einem Röntgenfluoreszenzanalysegerät, um die atomare Zusammensetzung der jeweiligen Proben zu untersuchen. Sie sind, wie das Landemodul, ähnlich aufgebaut wie "Philae" und besitzen kleine Harpunen zur Befestigung. Da die Sonde zu groß und schwer ist, um sie in einem Stück von der Erde ins Weltall zu schicken, wird diese in mehreren Teilen zur ISS geschickt und dort von den Astronauten zusammengesetzt.

Vorbereitung und Ablauf der Mission

Um weitestgehend zu gewährleisten, dass auf den angeflogenen Asteroiden auch die gesuchten Mineralien und Elemente vorhanden sind, werden vor Beginn der eigentlichen Mission sogenannte "Swarm-Bots" - also kleine, unbemannte Roboter - zum Kuipergürtel geschickt, um die Beschaffenheit einzelner Objekte zu untersuchen. Die Sonden sind ausgestattet mit einem Teleskop-Bohrer mit Diamantbohrkopf, der sich auf ca. 2 m ausfahren lässt und einem Röntgenfluoreszenzanalysegerät, um die Proben vor Ort zu analysieren. Es ist nahezu unmöglich, alle potenziellen Ziele im Kuipergürtel zu untersuchen oder gar anzufliegen. Deshalb werden fünf bis zehn dieser Sonden von der Erde aus mit einer Rakete in das Zielgebiet der Hauptsonde im Kuipergürtel transportiert. Um zu verhindern, dass durch Zufall zwei dieser "Swarm-Bots" auf demselben Asteroiden landen, kommunizieren alle Sonden untereinander.

Sobald eine der Sonden eines der vor Missionsbeginn programmierten Metalle findet, sendet die Sonde ein Signal zur Erde. Dies ist nützlich, denn wenn alle Daten der Sonden auf der Erde analysiert würden, nähme dies viel Rechenkapazität und somit viel Zeit und Geld in Anspruch. So hätte man auf der Erde eine Vorauswahl der Ziele. Anhand der Informationen über die Konzentration der gewünschten Elemente kann dann entschieden werden, welche der Ziele in welcher Reihenfolge angeflogen werden.

Nach Auswahl der Ziele durch "Swarm-Bots" wird die Hauptsonde, bestehend aus Mutterschiff und Landemodul, in Richtung Kuipergürtel gestartet. Gleichzeitig wird auf einem Orbit zwischen Venus und Erde ein leistungsstarker Laser installiert. Dieser besteht aus einem Laser und einem System von Sonnenkollektoren, die die nötige Energie liefern. Das löst das Energieproblem, das auftritt, wenn man sich weit von der Sonne entfernt; man kann die Energie der Sonne nicht effizient nutzen. So wird relativ nah an der Sonne die Energie abgegriffen, in einem Laser gebündelt und als "Energiepäckchen" zur Sonde transportiert.

Sobald die Sonde das erste Zielobjekt erreicht hat, trennt sich das Landemodul vom Mutterschiff und landet auf dem Objekt. Der Bohrer beginnt nun, das vorhandene Material abzubauen und im Stauraum des Moduls zwischenzulagern. Ist der Abbau beendet, startet das Landemodul wieder und dockt am Mutterschiff an, welches daraufhin zum nächsten ausgewählten Objekt fliegt. Dort beginnt das Landemodul erneut, das Material des Objektes abzubauen, nachdem seine Ladung im Mutterschiff untergebracht wurde. Wenn der Stauraum der Sonde gefüllt ist, kehrt die Sonde zur Erde zurück. Hier wird die Sonde mit Hilfe der Ionentriebwerke in die Umlaufbahn gebracht, wo nun Astronauten die Ladung zur Erde bringen und die Sonde instand setzen können, damit diese ggf. wieder zum Kuipergürtel fliegen und dort ihre Arbeit fortsetzen kann.

Energieversorgung, Masse, Lebensdauer

Die Energieversorgung des Bohrers wird wie beschrieben durch einen Hochleistungs-Laser gewährleistet. Dieser soll in Sonnennähe stationiert werden und die Sonnenenergie im Laser bündeln. Die Kommunikations- und Messinstrumente, deren Energieverbrauch in etwa mit denen von Voyager 1 gleichzusetzen ist, werden hauptsächlich durch eine Radionuklidbatterie mit Energie versorgt. Die Sonde soll beim Start in etwa doppelt bis dreifach so viel wiegen wie Voyager 1. Dieses Gewicht setzt sich zusammen aus den Instrumenten und der Radionuklidbatterie, die zusammen in etwa so viel wiegen sollen wie Voyager 1. Dazu kommen das Gewicht des Sonnen- bzw. Laser-Licht-Kollektors, eines größeren Ionen-Antriebs, Stauraum im Mutterschiff und Landemodul, sowie des Bohrers. Da die Sonde hauptsächlich im Weltraum operieren soll und dort nur eine sehr geringe Gravitation herrscht, ist das Gewicht inklusive Ladung hintergründig.

Die Sonde soll, trotz der hohen Belastung durch dauerhafte Einschläge von Mikrometeoriten, eine Lebensdauer von vielen Jahrzehnten haben. Das soll durch weitestgehend austauschbare Bauteile, wie des Hitze-/Kälteschildes oder des Bohrers, gewährleistet werden.

Die Sonde wird zwar durch ein Ionentriebwerk angetrieben, aber um Energie und Treibstoff zu sparen, sollen einige Swing-By-Manöver, also die Nutzung der Gravitation zur Geschwindigkeitszunahme, durchgeführt werden. Diese werden insgesamt denen von Voyager 2 ähneln, um mit einer passenden Geschwindigkeit (40.000 - 60.000 km/h) auf einer annähernd passenden Richtung zum Kuipergürtel und dort auf eine Umlaufbahn um die Sonne zu kommen. Das erste Swing-By soll am Jupiter passieren. Das zweite Swing-By wird am Saturn durchgeführt, das letzte Manöver dieser Art wird, um die Sonde auf eine passende Bahn zu bringen, am Neptun vollführt. Bei der Rückreise werden die gleichen Manöver durchgeführt, je nach Position evtl. auch ein weiteres Manöver am Pluto. Bei der Annäherung zur Erde werden die Ionentriebwerke genutzt, um abzubremsen und die Sonde in den Erdorbit zu bringen, wo ggf. neu aufgetankt wird und die Mission von neuem beginnt. Da die relativen Positionen der Planeten und Zielobjekte je nach Startdatum variieren, kann sich die exakte Bahn der Sonde ändern.

Fazit

Diese Raumsonde - respektive die Vorbereitungsmission - soll in den Kuipergürtel fliegen und dort untersuchen, welche Objekte für den Bergbau (sogenanntes Asteroid-Mining) geeignet sind. Das Asteroid-Mining hat ein großes Potenzial, da Studien zufolge auf Asteroiden einige auf der Erde sehr seltene Erze und Metalle wie Platinmetalle oder die sogenannten Seltenen Erden in größeren Mengen vorkommen. Die Hauptsonde soll dann diese Objekte anfliegen und dort die vorhandenen Erze abbauen. Nachdem einige KBO´s ("Kuiper-Belt-Objects") angeflogen wurden, fliegt die Sonde zurück in den Erdorbit und liefert dort die Rohstoffe ab. Falls sich herausstellt, dass die Objekte große Mengen der gewünschten Erze bzw. Elemente enthalten, wird die Raumsonde neu aufgetankt und wieder zum Kuipergürtel geschickt. Da die Nutzung von Sonnenenergie nicht effizient genug wäre, wird ein großer Laser genutzt, um die Sonnenenergie zu bündeln und zum Kuipergürtel zu "senden", zur Sicherheit und wird eine Batterie eingebaut.

Dieses Projekt ist durch die große Entfernung zum Kuipergürtel, die benötigten Instrumente und die vorbereitenden Missionen sehr kostspielig, aber durch die nahezu unbegrenzten Vorkommen von Erzen im Kuipergürtel auch lohnend. Außerdem könnte man diese Sonde auch für wissenschaftliche Zwecke nutzen, die z.B. den Transport von Instrumenten, wie Teleskopen, zum äußeren Rand des Sonnensystems beinhalten. Außerdem könnten weitere Zielobjekte in fernerer Zukunft mithilfe der Nanotechnologie durch viel kleinere Swarm-Bots großflächiger ausgewählt werden.