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Astrophysik
Der Kollaps eines Sternhaufens

Emil Khalisi

Abb. 1: Visualisierungsbeispiel einer Bewegung von vielen Massenpunkten unter ihrer eigenen Schwerkraft
Geller A.M.: http://faculty.wcas.northwestern.edu/aaron-geller/visuals.php

unAbb. 2: In der Simulation schrumpft der Radius eines Sternhaufens, weil der Kern einerseits immer weniger Sterne enthält, andererseits sein Potential tiefer wird.
McMillan S.: http://physics.drexel.edu/~steve/n-body.html

Emil Khalisi, Heidelberg

Sternhaufen bilden eine ästhetische Ansammlung von Tausenden von Sternen. Insbesondere die Kugelsternhaufen entfalten den Eindruck einer Beständigkeit und Zeitlosigkeit - so, als wären sie schon immer da und unveränderlich. Dieser Eindruck täuscht aber, denn bei ihnen handelt es sich um höchst dynamische Formationen, die erschütternde Phasen in ihrem Leben durchmachen. Die wichtigste ist der Kollaps des Zentrums.

Das scheinbar stabile Gefüge von Tausenden von Sternen wird durch deren Eigengravitation zusammengehalten. Jeder Stern befindet sich auf einem Orbit um das Gravitationszentrum, das erst durch das Kollektiv aller erzeugt wird. Das heißt: Anders als bei der Milchstraße wird das Zentrum nicht durch eine konkrete Masse (Schwarzes Loch) markiert, sondern durch das Gesamtpotential der Mitglieder. Je mehr Sterne, desto glatter und tiefer das Potential des Haufens.

Doch die räumliche Anordnung der Sterne kann nicht gleich bleiben, sondern muss sich langsam verändern. Das treibende Prinzip beruht dabei auf den Sternpassagen. Jeder Stern besitzt ja Nachbarn, die mehr oder weniger an der Bahn des betreffenden Sterns zerren. Gerade in den inneren Regionen, in denen die Dichte numerisch 100 Sterne pro Kubik-Lichtjahr übersteigen kann, werden die Sternbegegnungen besonders häufig, und mit ihnen auch die Bahnstörungen.
Bei jeder Begegnung werden nämlich Energien ausgetauscht: Einige Sterne werden auf ihren Bahnen beschleunigt, andere abgebremst und in eine andere Richtung gezwungen. Der Austausch dieser Energien ist das Herzstück der langfristigen Veränderung des gesamten Kugelsternhaufens, des Kernkollapses. Wie aber geht das im Detail vor sich? Wählen wir eine kleine Gruppe von Sternen in der Zentrumsregion aus. Sie wird sich unter der gegenseitigen Anziehung quasi-chaotisch bewegen (Abb. 1). Analytisch lässt sich die Bahn eines Sterns nicht mehr berechnen, sondern muss Schritt für Schritt immer wieder neu ermittelt werden. Dabei ändern sich die Abstände unter allen Beteiligten gleichzeitig. Früher oder später wird es zu einer besonders dichten Annäherung zwischen zwei Sternen kommen. Einer von ihnen kann dabei so stark beschleunigt werden, dass er weit in die Außenbereiche herausgeschleudert wird. Eventuell bekommt er eine so große kinetische Energie, dass diese die durch Anziehung aller übrigen erzeugte potenzielle Energie übersteigt.

 

Titelbild Ausgabe 3/2015

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