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Astro-Forschung
Das Zentrum der Milchstraße

Lars C. Depka

as Bild zeigt die 400x900 LJ große Zentralregion der Milchstraße im Röntgenlicht. Tausende Weiße Zwerge, Neutronensterne und vermutlich auch kleinere Schwarze Löcher halten sich in diesem relativ kleinen Gebiet auf.
NASA/UMass/D.Wang et al

Lars C. Depka, Bergkamen

In der "Innenstadt" unserer Galaxis geht es hoch her. Von einem imaginären Planeten im Zentrum der Milchstraße aus betrachtet, würde sich ein phantastischer Anblick bieten. Millionenfach mehr Sterne, als wir sie am nächtlichen Erdenhimmel zu sehen bekommen und viele von ihnen so hell wie der Vollmond, ziehen sich wie eine hell funkelnde Lichtmarkise über den Himmel. Doch dieser Anblick hat auch seinen Preis. Die Sternbilder und die Anordnung der Sterne dort sind nicht von langer Dauer. Wegen ihrer immensen Eigengeschwindigkeit, mit der sie das galaktische Zentrum umlaufen, ergeben sich im wahrsten Wortsinne jährlich neue Formationen. Und inmitten dieser stellaren Geschäftigkeit glimmt, kaum wahrnehmbar, eine dünne Gaswolke um das Schwarze Loch, das dunkle Herz der Milchstraße. Ohne das schwache Scheinen der Wolke wäre das Schwarze Loch optisch nicht wahrnehmbar. Es emittiert, wie alle anderen Schwarzen Löcher auch, keinerlei Energie. Und selbst die größten erdgebundenen Teleskope sind nicht in der Lage, seine Silhouette gegen den Hintergrund der Sterne zu erspähen - bis jetzt jedenfalls. Trotzdem ist das Schwarze Loch der Milchstraße kein komplett Unbekannter. Es besitzt eine Masse von etwa vier Millionen Sonnenmassen und ist umgeben von mehreren Clustern junger Sterne. Einige von ihnen kommen dem Massemonster sogar gefährlich nahe: Bis auf einige Dutzend Lichtstunden führt sie ihr Orbit an das Schwarze Loch heran. Vor ca. 300 Jahren allerdings kam ihm ein Materieklumpen zu nah und entkam der Singularität nicht mehr. Was folgte, war ein Aktivitätsausbruch des Galaxienzentrums, der sein dunkles Herz erhellte.

Viel Unbekanntes

Und dennoch sind weitaus mehr Fragen unbeantwortet als beantwortet. So ist zum Beispiel die genaue Entfernung zum Zentrum der Galaxis immer wieder Gegenstand neuer Forschung und Diskussionen. In den letzten Jahren wurden einige Arbeiten zu dem Thema veröffentlicht, und die Werte reichen von ca. 23.500 Lichtjahren bis hin zu 30.000 LJ. Aktuell scheint man sich bei durchschnittlichen Werten zwischen 25.000 und 27.000 LJ einzupendeln. Die möglichst genaue Bestimmung der Entfernung ist von großer Bedeutung hinsichtlich der Abschätzung der Größe und des Alters der Sterne, die das Schwarze Loch umgeben. Die wiederum sind essentiell zur Ermittlung der Masse des Schwarzen Loches selber. Schon in den 1980er-Jahren konnte durch Radiobeobachtungen Gas nachgewiesen werden, das sich um eine Massenansammlung im Zentrum der Milchstraße bewegt. Dieses stetig im Radiowellenbereich glühende Objekt erhielt wegen seines Ortes im Sternbild Schütze den Namen Sagittarius A* (sprich A-Stern) und wird mit dem supermassereichen "Loch" in Verbindung gebracht. Die Ausdehnung der Radioquelle wurde zu nur etwa 30 Lichtminuten bestimmt! Erste Massenabschätzungen von A* folgten dann in den frühen 1990er-Jahren und beliefen sich auf ungefähr zwei Millionen Sonnenmassen. Problematisch war und ist seit jeher die Tatsache, dass sich das Schwarze Loch nicht nur selber gut zu tarnen weiß, sondern die Region, in der es sich befindet, verbirgt sich zudem hinter dichten Staubwolken der galaktischen Scheibe. Sie sind für sichtbares Licht fast undurchdringlich. Das führt dazu, dass die Helligkeit im visuellen Bereich um bis zu 30 Magnituden absinken kann. Dieser Umstand erschwert es den Beobachtern beträchtlich, bei optischen oder ultravioletten Wellenlängen ins galaktische Zentrum zu schauen. Es bleibt den Astronomen also nichts anderes übrig, als auf andere Wellenlängen auszuweichen: Radio-, Infrarot- und Röntgenstrahlung. Bei diesen Strahlungsenergien ist die Extinktion (also die Abschwächung der Strahlung durch den Staub) nicht so gravierend. Über die genaue Verteilung der Masse im Galaxienzentrum herrschte aus diesem Grund auch lange Unkenntnis. Die Masse konnte sich auf ein einzelnes Schwarzes Loch konzentrieren oder aber auf mehrere kleinere. Auch war eine Ansammlung von Neutronensternen denkbar, oder gar weitere extrem dichte Objekte. Um verschiedene denkbare Möglichkeiten auszuschließen, waren besser auflösende Aufnahmen des Inneren der Galaxis essentiell notwendig. Ziel musste es sein, einzelne Sterne innerhalb eines Radius von wenigen Lichtwochen und ihre Bahnparameter um die zentrale Masse zu ermitteln. Was folgte, war eine Dekade, geprägt von Messungen und Positionsbestimmungen zumeist im nördlichen Sommer, wenn das galaktische Zentrum in günstiger Beobachtungsposition liegt.

 

Titelbild Ausgabe 2/2012

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